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Kreisversammlung Lüchow-Dannenberg: „Früher war mehr Wetter“

28. 02. 2024

Bei der Kreisversammlung Lüchow-Dannenberg in Dünsche am Donnerstagabend konnte BVNON-Vorsitzender Adolf Tebel rund 100 Landwirte und Gäste begrüßen.

Er dankte eingangs allen anwesenden Landwirten für die Unterstützung bei den Protestaktionen der zurückliegenden Wochen und Monate. Die Zusammenarbeit - gerade mit dem LSV - habe sehr gut funktioniert, man habe viel erreicht: „Bleibt weiter so aktiv“, ermunterte der Vorsitzende seine Berufskollegen. Sein Dank für die Unterstützung bei den Demonstrationen galt auch der Landberatung, dem Maschinenring, aber auch den Unternehmen in der Region, für die Freistellung der Mitarbeiter und die Verpflegung der Demonstrierenden, sowie der Landjugend, die sich sehr in die Aktionen eingebracht habe. 

Tebel konnte neben zahlreichen Ehrengästen aus Politik und Verwaltung auch die neue Landwirtschaftskoordinatorin aus dem Kreishaus Lüchow, Selina Schmid begrüßen: Es gebe einen Riesenberg an Themen, der endlich abgearbeitet werden müssen. Was das alles beinhaltet, konnte sie im nachfolgenden erfahren.

Tebels Dank galt auch dem Vorsitzenden des BVNON Thorsten Riggert, er bewältige mit enorm viel Engagement die vielen Schlachtfelder und „es macht sehr viel Spaß mit dir zusammen zu arbeiten“, lobte er. Einen Dank richtete er auch an die Geschäftsführung und Mitarbeiter des BVNON. Tebel kündigte an, dies werde seine letzte Wahlperiode, als Kreisvorsitzender in Lüchow-Dannenberg sein: “Bewerbungen werden gern angenommen!“ 

 

Ein Grußwort richtete der Landtagsabgeordnete Uwe Dorendorf an die Versammelten. Mit selbstkritischen Tönen bezüglich seiner eigenen Partei, „wir waren ja auch mal an der Regierung und das ist auch nicht alles glatt gelaufen, dass muss man so sagen“, formulierte Dorendorf den Wunsch, mal einen Landwirtschaftsminister vom Fach und aus der Fläche, aus Niedersachsen, Schleswig-Holstein, oder Mecklenburg-Vorpommern zu bekommen, „also einen, der unsere Probleme kennt.“ Eine Vielzahl dieser Probleme riss Dorendorf an, Renaturierung, Wolf, Pflanzenschutz, oder das vielschichtige Thema Wasser: 2024 werde es weiter eine schwierige Wasserverteilung geben, deshalb brauche es zur Sicherung der Wasserversorgung neben technischen Mitteln für das gesamte Wassermanagement, auch ausreichende Speicher, die das Wasser in der Fläche halten. Er kritisierte, dass für den Aufbau des Hochwasserschutzes nur 2,8 Millionen Euro vorgesehen seien, das müsse natürlich in einer ganz anderen Größe erfolgen. Auf den Punkt brachte Dorendorf die Aufgabe der Landwirtschaft, bei allen Problemen: „Das erste Ziel muss Ernährungssicherheit sein!“

 

BVNON-Geschäftsführer Johannes Heuer erläuterte die aktuellen politischen Themen aus Sicht des BVNON. Beregnung sei ein zentrales Thema, aber wir brauchen auch ein gutes Abflusssystem, wie momentan deutlich werde. Der Grundwassermengenerlass, den man mit Spannung erwarte, werde eine wichtige Weichenstellung sein. Insbesondere im Hinblick auf den Grundwasserkörper Jeetzel-Lockergestein rechts richtete Heuer den Appell an die Kreisverwaltung, vorhandene Spielräume zu nutzen. Ernährungssicherheit sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe! Zum Thema Speicherbecken sagte Heuer: „Wir müssen uns auf den Weg machen!“, es gebe langjährige Genehmigungsprozesse. 

Heuer lobte die Arbeit in den Natura 2000-Arbeitskreisen. Die Arbeit sei sehr konstruktiv, es gebe eine gute Einigung mit den Landkreisen. Mit Blick auf eine mögliche Ausweitung von Schutzgebieten, betonte der Geschäftsführer, entgegen der früheren Zusage, ein Schutzstatus hab keine Konsequenzen, zeige etwa die knapp verhinderte EU-Pflanzenschutzverordnung, dass sehr wohl enorme Effekte auf die Flächen der Landwirte möglich sind. Die Details dessen und auch die Aktivitäten, die der BVNON gegen die geplante SUR-Verordnung durchgeführt hat, erläuterte der stellvertretende Geschäftsführer Aaron Jaschok: Man habe über 500 Politiker von Kreis- bis Bundesebene gegen die Verordnung angeschrieben und sogar der Ökoausschuss des Landvolk Niedersachsen habe sich dagegen positioniert. Im Zwiebelanbau seien Pflanzenschutzmittelreduktionen durch Einsatz von KI und neuen Feldspritzen zwischen 65% und 68% Mittelreduktion möglich, das sei doch ein gangbarer Weg, betonte er. Auf EU-Ebene sei mit der SAIO-Verordnung schon die nächste VO zu dieser Thematik in der Pipeline. Die EU möchte darüber jährlich erfahren, wie viele Pflanzenschutzmittel in den Nationalstaaten ausgebracht werden. Ab 2026 sollen die ersten Daten erhoben, und ab 2028 solle das verpflichtend werden, es soll dann weitergehen in Richtung Tierarzneimittel, Düngemittel usw.

 

Johannes Heuer mahnte im Hinblick auf die umfangreichen Dokumentationspflichten, die bei vielen Landwirten für viel Unmut sorgen, dass fehlende digitale Schnittstellen das Leben besonders schwer machen und zur Folge hätten, dass einzelne Maßnahmen gleich mehrfach dokumentiert werden müssten! „Erst müssen die Schnittstellen da sein“, forderte Heuer die Verwaltung auf, denn die umfangreichen Kontrollmechanismen seien eine der Hauptursachen für die Proteste der Landwirte. Deshalb sei eine Kernforderung: „Erstmal nichts neues, keine neue Bürokratie“, erst danach Abbau. „Deutschland fordert immer gleich sehr viel“, erklärte er mit Blick auf Spielräume die, z.B. im Rahmen von EU-Verordnungen den Nationalstaaten zur Verfügung stehen. „Was folgt aus den Demos?“, fragte Heuer. Er habe z.B. gehört, dass das politische Klima in Brüssel seit den Protesten ein anderes sei, man nehme die Landwirtschaft nun endlich wahr, so sein Fazit. Und es habe zuletzt auch gute Gespräche gegeben. Die Politik habe das Versprechen gegeben, Vorschläge was Entlastung landwirtschaftlicher Betriebe anbelangt bis März vorzulegen, und bis Juni solle dann die Umsetzung starten. Diese Zeit müsse man der Politik nun geben.

 

Den Gastvortrag der Kreisversammlung hielt der Präsident der Landwirtschaftskammer Niedersachsen Gerhard Schwetje. Sein Thema lautete: „Sicherung der Wasserversorgung, Niedersächsischer Weg: Bedingungen für die Weiterentwicklung der Landwirtschaft in Nordostniedersachsen“. Zunächst stellte Schwetje die Institution vor, die mittlerweile 2500 Mitarbeiter habe und die größte Landwirtschaftskammer Europas sei. In Niedersachsen sei sie in der Art und Weise vor 18 Jahren gegründet. Die Kammer entscheide in weiten Teil selbst, aber es gebe auch Bereiche, in denen das Landwirtschaftsministerium entscheide. „Richtig ist, wir können nur die Politik beraten und sagen, dass wir das aus dem und den Gründen für richtig erachten, aber entscheiden muss die Politik“, ordnete er ein. Die Bezirksstelle Uelzen sei die zweitgrößte, man wolle insgesamt ein breites Netz in der Fläche behalten. Auch die Kammer habe mit fehlenden Fachkräften zu kämpfen, denn es brauche gut ausgebildete Spezialisten. Aus Personalmangel müssten deshalb größere Bereiche zusammengefasst werden. Expertise sei aber wichtig, denn am Ende komme es auf Qualität an: „Landwirtschaft ist alles, nur nicht billig.“

Einen Einblick gab Schwetje in das Zustandekommen des Niedersächsischen Weges, bei dem Expertise besonders wichtig sei, zum Beispiel beim Thema Reduktion von Pflanzenschutzmitteln. Insgesamt vier Vertreter der Landwirtschaftskammer sitzen in der Runde. Er sehe in dem Projekt neben der Suche nach praxisnahen Lösungen für die Landwirtschaft auch einen weiteren Erfolg: Es gebe eine neue Kultur zwischen Landwirtschaft und Naturschutz, die weniger von Ablehnung geprägt sei. Inzwischen werden dadurch Vertreter der Landwirtschaft zu Veranstaltungen des Naturschutzes eingeladen und bekämen dadurch die Möglichkeit sich zu erklären und Position zu beziehen. Das sei wertvoll. Er lobte das Pilotprojekt für Biodiversität und Artenschutz über die ökologische Station in Bergen (Dumme), das der BVNON-Geschäftsführer gefordert und durchgesetzt habe. „Herr Heuer, bitte weiter so engagieren.“ Zum Thema Wasser meinte der Kammerpräsident, dass der Bodenvorrat zu Saisonbeginn gut aufgefüllt sei und damit eine gute Startbedingung. Er lobte das Rainshelter-Projekt in Hammerstorf als einzigartig in Europa. Regen in allen Formen könne simuliert werden, Projekte und Erkenntnisse aus wissenschaftlichen Untersuchungen können im Umgang mit der Politik nützliche Fakten zur Verfügung stellen.

 

Das Schlusswort übernahm Vorstandsmitglied Robert Rippke: „Früher ging es bei solchen Versammlungen mehr um das Thema Wetter und das Thema Markt, heute fast nur noch um Verordnungen, die umgesetzt werden müssten“, lautete sein Fazit. Dennoch versuchte Rippke sich in Optimismus: Die Proteste waren ein Erfolg, die neue landwirtschaftliche Koordinierungsstelle sehe er positiv und die hohen Winterniederschläge helfen sogar politisch! Ein Highlight des Jahres werden sicher der Tag des offenen Hofes am 09. Juni und der für den 03. Dezember 2024 im Gildehaus Lüchow geplante Bauerntag sein.

 

 

 

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