Das Mikrobiom macht’s!
Informations- und Feldveranstaltung des FINKA-Projekts zum Thema: „Gesunder Boden – Grundlage für Pflanzenschutzmittelreduktion“
Was wissen wir wirklich über das komplexe System Boden und dem Leben darin? Und was noch nicht? Die Begeisterung und Leidenschaft für dieses Thema schlug auf alle Anwesenden schnell über - beim Informations – und Feldtag in Zernien, der kürzlich im Rahmen des FINKA-Projektes stattfand. Jan Hendrik Schulz von der Deutsche Saatveredelung AG (DSV) erörterte mit vollem Körpereinsatz die Fragestellung „Bodenprofil und Bodenleben – was ist hier los?“.
Das Projekt FINKA befasst sich schon seit 2020 für fünf Jahre mit der Förderung von Insekten im Ackerbau, so Projektmitarbeiter Leen Vellenga vom Kompetenzzentrum Ökolandbau Niedersachsen (KÖN). Hier werden landwirtschaftliche Betriebe beraten und tauschen sich partnerschaftlich aus.
Erfahrungen nach drei Jahren „FINKA“
Einer dieser Landwirte ist Carsten Möller aus Hohenzethen. Über eine Veranstaltung des Bauernverbandes war Möller auf das FINKA- Projekt aufmerksam geworden. In Mirco Stute, der im Jahr 2018 seinen 15 km entfernten Betrieb auf biologische Landwirtschaft umgestellt hatte, fand Möller seinen passenden Bio-Partner. In den Jahren der Erprobung auf seiner eher mageren 3 ha großen Versuchsfläche hatte er Probleme mit durchwachsendem Gras, dem Kartoffelkäfer, aber auch Erfolge mit Hacktechnik bei Kartoffeln. In diesem Jahr habe er den Silomais vier Mal gestriegelt und zweimal gehackt. „Striegeln ist Stress für die Kulturpflanzen“, so seine Erkenntnis. Als sogenannte Untersaat habe er Gräser, insbesondere deutsches Weidelgras, in die Erde eingebracht. Die Erntemenge mit ungefähr 42 Tonnen Mais pro Hektar sei angesichts einer eigentlich speziellen Körnermaissorte und erhöhter Unkrautbekämpfung in diesem Jahr, „ganz okay“. Möller ist zufrieden.
Bodenfruchtbarkeit in aller Munde
Referent Jan Hendrik Schulz zeigte in seinem Vortrag auf: Bodenleben ist nicht nur der Regenwurm. Boden sei ein dynamisches System und es gibt so viele Parameter, die das Bodenleben und damit auch die Bodenfruchtbarkeit beeinflussen. Bei Temperaturen über 40 °C gehe die Bodenbiologie kaputt. Der Klimawandel und pralle Sonne stören künftig mehr. Das betreffe auch Bodenlebewesen wie Nematoden, die eigentlich als Schädling der Kartoffel bekannt sind - aber: „Nematoden sind wichtig für den Stickstoffkreislauf!“ Es gebe sehr viele gute Nematoden und man müsse sie fördern, so Schulz. Alle Bodenfunktionen seien mikrobiell beeinflusst. Das beste Mikrobiom könne jedoch nicht vernünftig arbeiten, wenn der Boden verdichtet und das Porengefüge zerstört sei. Bei alledem komme es auf die Fruchtfolge und gute Zwischenfrüchte an. „Und Untersaaten halten Wasser und bremsen warmen Wind, dadurch bleibt mehr Wasser im Boden“, so der Experte. Bodenleben brauche genug Futter, mit zunehmender Diversität der Zwischenfruchtmischungen steige die mikrobielle Diversität des Bodens. Ein weiterer wichtiger Punkt sei dabei das Verhältnis von Wurzelmasse zu Obermaterial, so Schulz: „Wir wollen viel Wurzelmaterial!“
„Pflanzen wollen eine Funktion im Boden erfüllen“
Zum Thema Boden ging es dann noch raus: Carsten Möller hatte ein großes Bodenprofil ausgehoben, in dem Schulz seine Bodenlehrstunde praktisch fortsetzte. Parameter wie pH, Temperatur und Wurzelbilder wurden praktisch gemessen. Es müssten Pflanzen, die nicht in Konkurrenz zur Kulturpflanze stehen, in den Boden gebracht werden. „Wir müssen uns daran tasten, welche das sein können.“ Mischungen aus Klee und Gras seien erstrebenswert, da sie unterschiedliche Aufgaben im Boden erfüllen: „Wir brauchen eine völlig neue Herangehensweise an das Thema Fruchtfolge, denn eine Pflanzenart kann nicht alles!“ Der Zwischenfruchtexperte empfahl beispielsweise, die Talsohlen zwischen Kartoffeldämmen zu begrünen. Im Schnitt sei dadurch eine Absenkung der Temperatur um 5° zu erreichen. Ähnliches sei auch für Raps und Getreide in der Erprobung. Der Aufwand lohne sich.
Zum Ende seiner Ausführungen resümierte Schulz: „Es gibt kein Patentrezept für alle.“ Genau dieses praktische Herangehen und Erproben leistet FINKA.
Über FINKA
Das Projekt FINKA, das im Bundesprogramm Biologische Vielfalt gefördert wird, hat das Ziel, die Insektenvielfalt im Ackerbau zu fördern, die Biodiversität auf Ackerflächen zu erhöhen und eine breite Diskussion in der Landwirtschaft anzustoßen. Dazu verzichten 30 konventionell arbeitende Landwirtinnen und Landwirte in Niedersachsen auf ihren Versuchsflächen auf den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln (PSM), die gegen Schädlinge und Unkräuter eingesetzt werden. Beraten und unterstützt werden sie von ökologisch arbeitenden Bäuerinnen und Bauern vor Ort, die konkret Arbeitsgeräte wie beispielsweise einen Striegel zur Verfügung stellen, um das Beikraut einzudämmen. Vor allem der fachliche Austausch wird im Projekt FINKA großgeschrieben: Wie kann der Verzicht auf Pflanzenschutzmittel betriebswirtschaftlich und arbeitstechnisch umgesetzt werden? Konventionell wirtschaftende Landwirte wollen mit ihren ökologisch wirtschaftenden Partnerbetrieben alternative Anbaumethoden erarbeiten und erproben. Mit den Ergebnissen soll der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der Agrarlandschaft reduziert und praktikable, insektenfreundliche Alternativen herausgearbeitet werden.
Das Projekt FINKA wird gefördert durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz sowie dem Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz mit Mitteln des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz und des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz. Das Projekt läuft bis Ende 2025. Verbundpartner im Projekt sind die Kompetenzzentrum Ökolandbau Niedersachsen GmbH, das Netzwerk Ackerbau Niedersachsen e.V., das Landvolk Niedersachsen e.V. sowie Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels und die Georg-August-Universität Göttingen. https://finka-projekt.de/
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