Auftaktveranstaltung der Arbeitskreise Junger Landwirte - Zukunftsfähige Landwirtschaft in Deutschland?
Alle Plätze waren besetzt in der Gildehalle in Lüchow am 07. November. Eingeladen hatten die Arbeitskreise Junger Landwirte aus Lüchow-Dannenberg, Lüneburg und Uelzen. Mehr als 150 Junglandwirte und Mitglieder der Arbeitskreise aus allen drei Landkreisen und darüber hinaus waren nach Lüchow gekommen, um zu hören was der Gastredner Hubertus Paetow, Präsident der DLG e.V., über die Zukunftsfähigkeit unserer Landwirtschaft zu sagen hatte.
Zunächst begrüßte jedoch René Sasse, Vorsitzender des AKJL Lüchow-Dannenberg, sichtlich erfreut die vielen Zuhörer. In seinem Eingangsstatement sprach er darüber, welchen Herausforderungen sich unsere Landwirtschaft derzeit stellen muss. Der Angriffskrieg gegen die Ukraine, die Klimakrise, die Pandemie und die daraus resultierenden Preisanstiege, welche in vielen uns Landwirte betreffenden Bereichen zu Buche schlagen, machen unserer Branche stark zu schaffen. Obenauf noch die fehlende Sachkenntnis, fehlende Planbarkeit und die Bereitschaft sich wirklich mit unserer Landwirtschaft auseinanderzusetzen. Wie kann es also weitergehen? „Danke, dass wir so einen renommierten Redner für heute Abend willkommen heißen dürfen“, gab René Sasse das Wort an Hubertus Paetow weiter. „Danke für den vollen Saal!“ entgegnete dieser. Gut gelaunt scherzte Paetow, er habe gehört, dass im Wendland und in Nordostniedersachsen die Säle nur so gut gefüllt wären, wenn es um die Kartoffel gehe. Daher freue er sich umso mehr, dass so viele, und vor allem junge Landwirte gekommen sind. Die Eingangsfrage seines Referates war: „Was müssen wir uns für Gedanken machen, wenn es um die Zukunft unserer Betriebe geht?“
Hubertus Paetow führte aus, die 17 Ziele der nachhaltigen Entwicklung der EU sollten dazu genauer unter die Lupe genommen werden. Mehr als die Hälfte dieser Ziele betreffe unsere Landwirtschaft. Klima, Wasser, Biodiversität und vieles mehr seien Themen auf der großen politischen Bühne in Brüssel, die unsere Wirtschaftsweise beeinflussten. Hinzu kämen die Folgen der Pandemie. Ist unsere Landwirtschaft nach zwei Jahren Corona im Sinne der Nachhaltigkeit ökonomisch, ökologisch und sozial/politisch noch gut aufgestellt?“, fragte der DLG-Präsident. Die Erträge im konventionellen sowie im Ökolandbau stagnieren, der Fortschritt in der Produktivität sei zwar noch vorhanden, verlangsame sich aber zusehends. Bei den meisten Betrieben sei die wirtschaftliche Lage knapp zufriedenstellend. Bei den Schweinehaltern jedoch sehe es derzeit besorgniserregend aus. Der Strukturwandel werde weiter voranschreiten. Einige Betriebszweige würden über kurz oder lang nicht mehr rentabel sein und zu großen Teilen aus der deutschen Landwirtschaft verschwinden. „Wir sind in Summe Nettoimporteur. Das heißt, es gibt auch noch Potenzial für Marktausbau im Inland“, so seine Einschätzung. Hier gelte es, sich neue Wirtschaftsfelder zu erschließen. Im Gemüse und Obstbau seien die Selbstversorgungsraten in Deutschland noch sehr niedrig. Auch bei Eiern und Honig sei das der Fall. Zudem kämen ja auch immer neue interessante Möglichkeiten hinzu. Im Großen und Ganzen sei die deutsche Landwirtschaft bei Getreide und Ölsaaten derzeit noch international wettbewerbsfähig. Die ökologischen Ziele, wie die 70kg N-Einhaltung in den Roten Gebieten, werden wir schon im kommenden Jahr erreichen können, war sich der Präsident der DLG sicher. Eine Herausforderung, der wir uns stellen müssten, sei, der abnehmenden Artenvielfalt auf dem Acker entgegen zu wirken. Seit den 70er Jahren nehme die Zahl der ab. Dass dies mit PSM und der Düngung zusammenhänge, glaubt Paetow entgegen der landläufigen Meinung nicht: „Artenvielfalt braucht den fehlenden Perfektionismus der Ackerbauern.“ Damals war es technisch nicht möglich so akkuraten Ackerbau zu betreiben – es gab beispielsweise mehr Fehlstellen in den Beständen die von Bodenbrütern gut genutzt werden konnten. Diese Fehlstellen gelte es, nun künstlich zu erzeugen. Auch wäre ein ergebnisorientierter Artenschutz zielführender. Hier nannte er die Niederlande als Beispiel. Der Integrierte Pflanzenbau sei zudem das Mittel der Wahl. Auch die Fruchtfolgen, die in der Vergangenheit der Einfachheit halber recht kurz gehalten waren, seien nicht mehr zielführend im Hinblick auf Artenschwund, Resistenzen und wegfallende Mittel. Eine weite Fruchtfolge sei die Lösung. Um Emissionen aus der Viehhaltung und dem Boden zu reduzieren und die ausgelobten Ziele bis 2030 zu erreichen, würden wir nicht umhinkommen Moore wieder zu vernässen und die Rinderbestände abzustocken „Wir werden das schaffen, aber es wird schwierig und schmerzhaft!“ war sich Hubertus Paetow sicher.
Zu guter Letzt betrachtete er drei mögliche Szenarien für unseren Markt in Deutschland: 1. Marktaustritt – hätte zur Folge, dass nur noch Gunststandorte bewirtschaftet werden würden. Das sei gesellschaftlich kaum zu vertreten.
2. Premiummarkt- wir machen nur noch hochpreisige Produkte, die dann alle kaufen und der billige Rest der Lebensmittel käme aus dem Ausland. Dass sich diese Hoffnung in den letzten Monaten als Irrweg herausgestellt hat, sei in der Politik leider noch nicht angekommen (30% Bio)
3. Weltmarkt – Flächenprämien weg, innovative Bewirtschaftungs- und Züchtungsmethoden politisch gefördert. Da wären wir wieder bei derzeitigen Politik, die es scheinbar gar nicht wolle, dass die Landwirtschaft in Deutschland zukunftsfähig wird. Die Ergebnisse vom Borchert-Plan und der Zukunftskommission Landwirtschaft liegen in der Schublade und würden dort wohl versauern – trotz breitem Konsens zwischen Naturschutz und Landwirtschaft. Deshalb müssten wir das einfach selber machen, soweit es gehe. „Wir haben ja nie immer nur das Gleiche gemacht“, fasste Paetow das Handeln der Landwirtschaft der letzten Jahrzehnte und den Blick in die Zukunft zusammen.
René Sasse, Vors. des AKJL Lüchow-Dannenberg bedankte sich mit einem Präsentkorb bei Hubertus Paetow für seinen ehrlichen und interessanten Vortrag. Im Anschluss gab es noch eine sehr rege Diskussion, in der weitere Themenbereiche zur Sprache kamen.
Mit der alljährlichen gemeinsamen Auftaktveranstaltung der drei Arbeitskreise Lüchow-Dannenberg, Uelzen und Lüneburg wird die jeweilige Saison der Wintervorträge für interessierte Nachwuchslandwirte eingeläutet. Das Programm für die Vorträge finden Sie unter www.bvnon.de
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